← zurück
Von Einblicken zu Einsparungen
Optimierung von Fertigungsprozessen durch rotierende Sichtfenster
Wie präzise arbeitet meine Werkzeugmaschine? Sind Werkzeug und Werkstück in der richtigen Position? Und wie fliegen die Späne beim Bearbeitungsprozess? Ein Blick ins Innere der Werkzeugmaschine kann alle diese Fragen beantworten.
Das Problem? Bei Zerspanungsprozessen kommen Kühlschmierstoffe zum Einsatz, die im Bearbeitungsraum umher spritzen und zusammen mit den fliegenden Metallspänen den Blick ins Innere verdecken: Die normale Maschinenscheibe wird sofort undurchsichtig – und der Zerspanungsprozess selbst damit zur Black Box.
Rotation schafft Durchblick
Um dieses Problem zu lösen, hat Rotoclear in den 1980er-Jahren eine Weltneuheit entwickelt: Ein rotierendes Sichtfenster, das Maschinenbediener/innen endlich Einblicke von außen ins Innere der Werkzeugmaschine erlaubt.
Inzwischen kommen rotierende Sichtfenster in den meisten Werkzeugmaschinen zum Einsatz. Aus gutem Grund, leisten sie doch für die Optimierung der Zerspanungsprozesse einen wichtigen Beitrag.
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Potenziale rotierende Sichtfenster für die Prozessoptimierung bieten – und in welchen Schritten des Zerspanungsprozesses sie besonders wichtig sind.
Darüber hinaus erklären wir, wie diese selbstreinigenden Sichtfenster genau funktionieren, tauchen kurz in die Historie des Produkts seit seiner Erfindung ein – und geben einen exklusiven Ausblick, wie sich rotierende Sichtfenster in Zukunft weiterentwickeln werden.
Wie funktionieren rotierende Sichtfenster?

Rotierende Sichtfenster machen sich die Zentrifugalkraft zunutze: Bei schneller Rotation entstehen Kräfte, die vom Zentrum der Rotation nach außen wirken – wie man es bei einem Kettenkarussell gut beobachten kann.
Zentrifugalkraft in Action
Rotierende Sichtfenster nutzen einen Elektromotor, um die runde Scheibe schnell zum Rotieren zu bringen. Tropfen des umherfliegenden Kühlschmiermittels oder Metallspäne, die von innen auf die rotierende Scheibe treffen, werden sofort nach außen geschleudert. So reinigt sich das Sichtfenster kontinuierlich selbst – und der Durchblick bleibt gewährleistet.
Um die Dichtheit dieser selbstreinigenden Sichtfenster zu garantieren, wird manchmal Sperrluft eingesetzt. Diese Möglichkeit bieten allerdings nicht alle Hersteller.
Mehr Details zur Funktionsweise oder der Installation von rotierenden Sichtfenstern?
Eine kurze Geschichte des rotierenden Sichtfensters

Inspiriert wurde der Einsatz von rotierenden Sichtfenstern in Werkzeugmaschinen von der Hochseeschifffahrt: Bei schwerem Wetter, starkem Wind und hohem Wellengang kann die Gischt die Sicht auf der Kommandobrücke eines Hochseeschiffes stark erschweren.
Prinzipiell also die gleiche Situation wie in unseren Werkzeugmaschinen. Um dem Steuermann hier trotzdem den Durchblick zu schenken, wurden hier schon seit vielen Jahren sogenannte “Schleuderscheiben” eingesetzt.
Vom Hochseeschiff zur Werkzeugmaschine
Dass dieses Prinzip auch innerhalb von Werkzeugmaschinen für mehr Durchblick sorgen könnte, erkannte in den 1980er Jahren ein Mitarbeiter der Autz + Herrmann GmbH, aus der 36 Jahre später die Rotoclear GmbH hervorgehen wird. Schnell war man sich einig, dass diese Idee riesiges Potenzial hat. In der Folge konstruierte, entwickelte und tüftelte man gemeinsam an der idealen Lösung für Zerspanungsprozesse – bis 1983 schließlich das erste rotierende Sichtfenster für Werkzeugmaschinen das Licht der Welt erblickte. Damals eine absolute Weltneuheit.

Kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung
In den folgenden Jahren wurde dieses Produkt nicht nur weltweit verkauft, sondern auch kontinuierlich weiterentwickelt: 1988 wurde das Produkt um eine Sicherheitsscheibe ergänzt, um die Maschinenbediener noch besser vor Splittern und Spänen zu schützen. 2008 sparte die nächste Produktgeneration zusätzlich Bautiefe ein und vereinfachte damit den Einbau in die Werkzeugmaschinen.
Das Rotoclear S3 setzt neue Standards
2013 kam dann nach drei Jahren Produktentwicklung die nächste Generation auf den Markt: Das neue rotierende Sichtfenster Rotoclear S3 überzeugt nicht nur durch eine nochmals deutlich geringere Bautiefe.
Mit einem komplett neuen Antriebskonzept konnte es auch darüber hinaus das Produktdesign revolutionieren: Da der Steg bei diesem Modell komplett entfällt, erlaubt das Rotoclear S3 Anwender/innen einen komplett uneingeschränkten Blick ins Innere der Maschine.
Eine weitere Pionierleistung, mit der Rotoclear seine Technologieführerschaft am Markt ein weiteres Mal unterstreicht – und die Konkurrenz im wahrsten Sinne des Wortes “alt aussehen” lässt.

Wie rotierende Sichtfenster Zerspanungsprozesse optimieren können
Warum sind weltweit tausende Maschinenbediener/innen und OEMs vom Prinzip der rotierenden Sichtscheibe überzeugt? Ganz einfach, weil die klare Sicht nur Mittel zum Zweck ist. Sie erleichtert und vereinfacht eine ganze Reihe von Prozessen rund um die Zerspanung – und bildet darüber hinaus die essenzielle Basis für eine kontinuierliche Verbesserung der Bearbeitungsprozesse im Sinne des KVP/CIP eines produzierenden Unternehmens.
Im Folgenden betrachten wir die unterschiedlichen Bereiche des Fertigungsprozesses genauer, in denen rotierende Sichtfenster besondere Relevanz haben.
Der verbesserte Einfahrprozess bei der Zerspanung

Während des Einfahrprozesses werden die Zeit- und Kosteneinsparungen eines rotierenden Sichtfensters am direktesten spürbar. Das beginnt schon mit der Anzahl der Türöffnungen.
Weniger Unterbrechungen heißt höhere Produktivität
Ohne ein rotierendes Sichtfenster muss der Einfahrprozess immer wieder unterbrochen werden, weil man die Tür öffnen muss, um die korrekten Positionen von Werkstück und Werkzeug optisch zu prüfen. Fallen diese Unterbrechungen weg, wird der Einfahrprozess deutlich schneller – und die Produktivität steigt entsprechend.
Hinzu kommen die Sicherheitsaspekte, da jedes Betreten der Maschine mit einem Sicherheitsrisiko für den Mitarbeitenden einhergeht. Anders gesagt: Je weniger man die Maschine betreten muss, desto weniger Arbeitsunfälle gibt es.
Weniger Werkzeugverschleiß durch rotierende Sichtfenster
Das ist aber noch nicht alles. Hat eine Werkzeugmaschine kein rotierendes Sichtfenster, werden Bearbeitungsprozesse zum Teil zunächst ohne Kühlschmierstoffe gefahren, um beim Einfahren den Prozess überhaupt optisch bewerten zu können. Nutzt man keinen Kühlschmierstoff, ist der Verschleiß des Werkzeugs aber enorm – mit den entsprechenden Kosten, die damit einhergehen.
Das rotierende Sichtfenster erlaubt es den Bedienerinnen und Bedienern, schon ab dem ersten Teil mit Kühlschmierstoffen zu arbeiten – und damit den Werkzeugverschleiß enorm zu verringern.
Weniger Kollisionen zwischen Werkzeug und Werkstück

Kollidieren Werkzeug und Werkstück unbeabsichtigt miteinander, kommt es zum Worst Case Scenario – dem Crash! Der Prozess gerät komplett außer Kontrolle. Die Folgen können nicht nur für Werkzeug und Werkstück verheerend sein, sondern auch die Maschine massiv beschädigen.
Standzeiten velängern: Unregelmäßigkeiten und Abweichungen im Vorfeld identifizieren
Haben Maschinenbediener/innen einen klaren Blick von außen auf Werkzeug und Werkstück, können Sie Unregelmäßigkeiten oder Abweichungen frühzeitig identifizieren, entsprechend reagieren – und damit Crashes mit ihren fatalen Folgen schon im Vorfeld verhindern. Erfahrungsberichte aus der Praxis zeigen, dass die Anzahl der Crashes nach dem Einbau von rotierenden Sichtfenstern signifikant zurückgegangen ist.
Das wiederum trägt zu weniger Ausfällen und längeren Standzeiten bei – und hat damit direkte Auswirkungen auf die Produktivität des Unternehmens.
Rotierende Sichtfenster als Basis für kontinuierliche Verbesserung der Prozesse

Ob es um die Minimierung des Werkzeugverschleißes, die Qualitätssicherung, einen optimierten Späneflug oder die effizientere Verkettung von Bearbeitungsschritten geht: Wer seine Zerspanungsprozesse kontinuierlich optimieren will, muss erst einmal erkennen, wo Optimierungspotenziale schlummern. Die Möglichkeit, den Bearbeitungsprozess von außen zu beobachten, ist dafür eine essenzielle Voraussetzung.
Optische Informationen als Optimierungsgrundlage
Das visuelle Feedback ermöglicht es, konkrete Daten zu sammeln und bei Bedarf nachzuvollziehen, wie sich bestimmte Parameter auf die Produktqualität bzw. den Werkzeugverschleiß auswirken. Diese Aufzeichnungen können dann für Analysen genutzt werden, um wiederkehrende Muster zu erkennen und systematische Verbesserungen im Produktionsprozess umzusetzen.
Die Motivation zur Prozessoptimierung steigern
Dabei spielt auch die Motivation der Mitarbeitenden eine wichtige Rolle: Wenn Maschinenbediener/innen die Prozesse direkt beobachten können, wird ihr Engagement und ihre Verantwortung für die Qualität der Arbeit gestärkt. Sie sind eher motiviert, nach Verbesserungspotenzial zu suchen und Vorschläge zu machen, die zur Effizienzsteigerung oder Reduktion von Fehlern führen können.
Weniger Unterbrechungen + mehr Arbeitssicherheit

Ob während des Einfahrprozesses oder bei der Serienproduktion: Ständige Unterbrechungen des Bearbeitungsprozesses durch Türöffnungen senken nicht nur die Produktivität. Denn jedes Betreten des Arbeitsraums zur optischen Prüfung geht auch mit erheblichen Sicherheitsrisiken einher, da z.B. der Boden nach der Bearbeitung mit glitschigem Kühlschmierstoff benetzt ist.
Kein Umgehen der Sicherheitsvorkehrungen mehr nötig
Um ständige Unterbrechungen zu vermeiden und trotzdem in die Maschine schauen zu können, werden bei älteren Maschinen ohne rotierende Sichtfenster manchmal wichtige Sicherheitsvorkehrungen überbrückt, welche die Maschine stoppen, sobald die Maschinentür geöffnet wird. Ein offener Türspalt während der Bearbeitung ist aber ein gewaltiges Sicherheitsrisiko: Mitarbeitende können von Spänen, Splittern oder abgebrochenen Werkzeugen getroffen werden – mit fatalen Folgen!
Mit einem rotierenden Sichtfenster müssen die Prozesse für eine optische Kontrolle nicht mehr unterbrochen und die Tür nicht mehr geöffnet werden. Sie machen es möglich, alle Prozesse kontinuierlich von außen zu beobachten – ganz sicher hinter der Maschinenscheibe!
Minimierung des Reinigungsaufwands

Wenn wir über Prozessoptimierung sprechen, darf man den regelmäßigen Reinigungsaufwand nicht außer Acht lassen: Anstatt regelmäßig die gesamte Maschinenscheibe von den Kühlschmiermittel- und Spänerückständen zu reinigen, um überhaupt noch etwas sehen zu können, genügt es bei einem rotierenden Sichtfenster, einen Lappen von Innen an die rotierende Scheibe zu halten, um das Fenster zu reinigen: Der Reinigungsaufwand wird also deutlich minimiert.
Machinenscheiben leben länger
Da die scharfen Reinigungsmittel auf Dauer auch die Maschinenscheibe angreifen, kann der Einsatz eines rotierenden Sichtfensters darüber hinaus auch die Lebensdauer der Maschinenscheibe verlängern – und damit ein weiteres Mal zu signifikanten Kosteneinsparungen führen.
Ausblick: Zur Zukunft des rotierenden Sichtfensters

Die Vorteile von rotierenden Sichtfenstern zur Prozessoptimierung in Werkzeugmaschinen werden immer mehr Unternehmen bewusst. Kein Wunder also, dass inzwischen alle großen OEMs rotierende Sichtfenster bereits als wichtige Komponenten in ihren Maschinen verbauen – und die Nachfrage danach steigt. Produzierende Unternehmen, die noch mit älteren Maschinen arbeiten, rüsten die Sichtfenster oft nach. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, zu denen wir Sie gerne jederzeit unverbindlich beraten.
Doch wie sieht die Zukunft dieser Produkte aus? Welche Weiterentwicklungen sind hier zu erwarten? Rotoclear – der Innovations- und Technologieführer im Bereich rotierende Sichtfenster – entwickelt aktuell mit dem Rotoclear S4 die nächste Produktgeneration.
Neben kleinen Optimierungen haben die Produktentwickler und Ingenieure dabei das große Ziel, die Einbautiefe des Produkts noch weiter zu verringern, damit sich das rotierende Sichtfenster in Zukunft noch nahtloser in die Maschinenscheibe integrieren lässt.
“Das Rotoclear S4 wird das schmalste rotierende Sichtfenster,
das die Welt je gesehen hat!”
Florian Friedrich
Geschäftsführer, Rotoclear
Wir dürfen also gespannt sein, wie die rotierende Sichtscheibe der Zukunft aussehen wird.
Autor

Manuel Linnenschmidt
Manuel ist Product Design Engineer bei Rotoclear und damit für die (Weiter)entwicklung der Rotoclear Sichtfenster und Kamera-Systeme verantwortlich.
Er sprüht nicht nur vor Ideen, sondern hat auch immer den Anspruch, dass die Produkte durch innovative Funktionen und einfache Bedienbarkeit begeistern. In unserem Magazin berichtet er über Produktentwicklungen, neue Funktionen und deren Anwendung in der Praxis.